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Auf der Flucht


Alien

Mein Visa-Problem bereitet mir allerdings weiter Kopfzerbrechen. Ich bin nun schon knapp eine Woche ohne Visa in einer Autonomen Region in China unterwegs. Eine Kontrolle würde mich direkt ins Gefängnis bringen. Soviel war sicher. In meinem Kopf reifte daher der Plan, in Chamdo ein PSB aufzusuchen und reuig um ein neues Visa zu betteln. Chamdo war die größte Stadt im Osten Tibets und lag 170km nördlich unserer geplanten Route. In Pomda, dort wo unsere Route in Richtung Süden abzweigte würde ich mich kurzzeitig von Matthias und meinem Radl trennen und per geeignetem fahrbaren Untersatz den Gang nach Canossa wagen. Bis dahin waren es zwar nur noch knapp 80 km - nur kam dazwischen noch ein gewaltiger Hügel.
Vom Kloster gings aber erst einmal weiter in Richtung Salween Fluss. In einer tiefen Schlucht kam der Salween-Fluss angebraust. Wir betraten nun das Land der drei grossen Flüsse: Salween, Mekong und Yangtse. Alle drei galt es zu überqueren. Inklusive der Berge die sich dazwischen auftürmten. Wir überquerten den Salween Fluss über eine atemberaubende Brücke und sassen zunächst an einer neuerlichen Road-construction fest.

Zwangspause am Salween Fluß: Hier kamen selbst die Räder nicht mehr durch
Männlein beluden LKWs mit Steinchen - mit der Hand. Selbst für uns Radfahrer gabs kein Vorbeikommen. Verflixt. Naja. Es war Samstag. Wir hatten Zeit und mussten nicht nach Pomda hetzen. Morgen war Sonntag und das PSB in Chamdo machte ja wahrscheinlich erst am Montag wieder auf. Also setzten wir uns in die Sonne und nuckelten genüsslich ein zwei Bierchen, die es zufällig grad in einem schäbigen Kiosk am Strassenrand zu erstehen gab. Na wunderbar. Nach einer Stunde gings weiter bergauf natürlich. Hoch zum Gama La. Nach dem Pass mit dem höchsten Höhenunterschied (Lalung La), dem Berg mit dem längsten Anstieg (Anju La) nun der Pass mit der ãhighest single altitude gain of any motorable pass in TibetÒ (LP). Also der steilste Pass. Darauf haben wir gewartet. Auf 40km ging es knapp 3000m hoch auf 4839. Wir strampelten noch gut 10km und suchten uns dann in einem kleinen Dörflein ein gemütliches Terrassenfeld als Lagerplatz. Wir flaxten mit den Kids und auch die Besitzer liessen uns freundlichst gewähren. Am nächsten Tag weiter den Berg rauf. Die Strasse war in recht gutem Zustand so dass Matthias mit seinem Treckingrad (es war ja auch noch leichhter ;-)) sich vom Hauptfeld absetzen konnte. Leider hatte er den ganzen Vorrat an Keksen dabei das machte mich wahnsinnig. Bei jedem neuen Tritt bekam ich mehr Hunger. Bildete mir schon einen Hungerast ein. In diesen Momenten bereute ich zutiefst nicht allein unterwegs zu sein. Kann der nicht mal warten? Man rutscht im Gemüt auf Kleinkindniveau zusammen und bemerkt sogar Tränen in die Augen steigen. Zum Glück bekam ich von Soldaten unterwegs ein paar Äpfel und von Bauarbeitern Bier und Momos geschenkt. Also, grade noch mal überlebt. Ich nahm mir vor, Matthias erst nicht das Bier zu geben, das ich ihm extra mitgenommen hatte.

Unendlich viel Serpentinen am Gama La: Highest single altitude gain of any motorable pass in Tibet
Eine Passhöhe war allerdings auch am späten Mittag noch nicht auszumachen. Sobald man einen Horizont erreichte, tat sich dahinter ein noch höherer auf. Wahnsinn. Von oben war das die bisher spektakulärste Aussicht. Die Strasse wand sich in unzähligen Serpentinen unter uns hinab. Doch dann endlich der Gipfel. Schnaps, ein Bier, ein Streit, ein Keks und dann ein Bier für Matthias. Geht doch. Runter nach Pomda, zur Kreuzung von der wir wussten, dass es ein richtiges Dreckskaff sein musste. So war es dann auch. Die einzige Rechtfertigung für diesen Ort, war die strategisch günstige Lage am südlichen Sichuan-Tibet Higway. Es gab einen sogenannten Truckstop, reudige Garküchen, eine Kaserne und zwei Strassen. Wir versuchten in einem der versifften Kammern des Truckstops unterzukommen. Fanden aber ein angenehmeres Zimmerchen in einem der Restaurants. Nur war nicht ganz klar, ob wir das Dreibettzimmer auch für uns allein hatten. Die junge Chinesin versuchte anscheinend zu erklären, dass sie abends noch mit ihrer Kollegin ebenfalls da mit schlafen würde. Wir waren gespannt.
Etwas nervös betrachteten wir das rege Treiben der Armee. Ganz so unauffällig wie geplant ging unser Einzug ins Hotel mit den Rädern natürlich nicht von statten. Viele neugierige Blicke hatten uns ziemlich genau gemustert. Im Zelt im Freien, konnte man sich sicher fühlen. Aber hier, in einem Hotel, gegenüber die Kaserne und den Polizeiwagen vor der Haustür. Puh. Erstmal hinhocken und durchatmen. Das Essen am Abend war durchaus lecker Fisch mit Zeug. Und zusammen mit ein paar Armeetypen kauten wir Litschy und Sonnenblumenkerne um die Wette.
Gegen 11 hämmerte es dann gegen die Tür. Zum Glück hatten wir ein Schloss dabei und konnten uns so einschliessen. Anscheinend wollten die Mädels rein. Aber da waren auch Männerstimmen. Nach ein paar netten tönen wurden wir allerdings richtig sauer. So brüllen wie wir, können die Chinesen wohl nicht. Sie zeigten sich beeindruckt gingen kleinlaut davon. Am morgen gings gleich ans Telefon. Botschaft anrufen. Herr Mörking in Peking war sehr überrascht, dass wir es ohne Permit und vor allem ohne Visum bis hierher geschafft hatten. Ich fragte ihn, ob es sinnvoll wäre nach Chamdo zu fahren um sich ein neues Visum zu besorgen. Schliesslich behauptete der einschlägige Reiseführer, die Chancen in Chamdo ein neues Visum zu kriegen stünden nicht schlecht. Mein Mann in Peking drückte sich zunächst um einen Tipp und gab mir zu verstehen, dass erst mal jeder Reisende für sich selbst verantwortlich ist. Und sich den Vorschriften entsprechend die notwendigen Dokumente zu besorgen habe. Dann lies er aber durchblicken, dass man in China alles daran setzen sollte, so schnell wie möglich ein neues Visum zu kriegen. Also auf nach Chamdo. Sonst würde ich wohl noch eine Woche hier rumgurken, bis wir aus Tibet raus waren. Ich bat ihn noch um Unterstützung, falls etwas schief gehen sollte. "Ihr holt mich doch wieder raus, wenn was is, oder?" - "Ne, das geht nicht. Die haben ihre Vorschriften". Ups. "Aber wir sind doch Landsmänner, ihr könnt mich doch hier nicht hängen lassen". Na gut. Ich soll mich melden wenn was ist. Vielleicht könne man über ein Fax aus Peking was erreichen.

Noch ma Glück gehabt: Am 11.11. um 11 Uhr gabs dann doch noch ein rettendes Taxi ;-)
Ich besorgte mir einen Platz auf einem der typischen LKWs. Oben stapelten sich schon die Leute. Jeder machte es sich so gut es ging bequem. 170km auf der Kiste, und das auf der Ladefläche war für mich unvorstellbar. Also zückte ich ein wenig mehr Geld und setzte mich wie selbstverständlich ins Führerhaus. Nun ging es über 2 Stunden hin und her. Tanken, Schrauben, beladen. Immer wieder kam jemand und versuchte mich aufs Dach zu zerren. Ich war ja jung und machte einen kräftigen Eindruck. Ins Führerhaus sollten Alte und Mütter mit Kindern. Soviel begriff ich irgendwann. Zuerst hörte ich gekonnt weg, musste dann aber doch nachgeben und suchte mir ein Plätzchen auf der Ladefläche. Langsam war ich schon etwas nervös. Schliesslich wollte ich heut noch ins PSB und später wieder zurück. Alles noch am gleichen Tag. Und wir wussten ja, mit welchen Tempo die Trucks unterwegs waren. 30-40km/h und alle Stunde ein kleines Pick Nick um die Butterteetanks zu füllen.

Die Höhle der Löwen
Punkt 11.11 Uhr am 11.11. war es dann so weit. Mit einem riesen Hellau setzte sich die Karre in Bewegung. Doch als wir den Truck Stop verliessen sprang mir Matthias entgegen und schrie er habe für den gleichen Preis ein Taxi gefunden. Na das war doch was. Ich nahem meinen Rucksack und sprang vom fahrenden Laster. Rannte vor ans Führerhaus und sprang auf das Trittbrett vom Führerhaus um mein Fahrgeld wieder zu kriegen. Nach einigem Hin und Her hab ich die 70Yuan auch gekriegt. Wäre eeh viel zu viel gewesen. Ich glaub das hat der dann auch begriffen. Weiter gings im VW Santana in atemberaubender Geschwindigeit nach Chamdo.
Gegen 14 Uhr waren wir auch schon da. Ich versuchte mich zu orientieren und so entspannt wie möglich zu wirken. In der ganzen Stadt wurde ich kritisch beäugt. Touristen, die allein mit dem Rucksack durch die Gegend schlenderten, gabs noch nicht allzu viele. Ich wusste ja, diese Stadt war closer als closed. Und ich Depp kam auch noch freiwillig hierher. Direkt in die Höhle des Löwen.
Mit Matthias hatte ich vereinbart, ihn Punkt 6 an der Telefonzellle zurück zu rufen. Ein Experiment. So genau hatten wir Vorwahl und Nummer nicht in Erfahrung bringen können. Sollte ich mich nicht melden, war vereinbart über Herrn Mörking in der Botschaft Kontakt aufzunehmen. Sollte ich in drei Tagen nicht zurück sein, würde Matthias mich und mein Fahrrad zurück lassen und weiterfahren nein, das würde er nicht tun. Aber was blieb ihm übrig?
Ein dicker Klos setzte sich in meinem Hals fest. Bevor ich das PSB aufsuchte, gabs noch was zu essen, aber irgendwie war mir der Appetit vergangen. Dann war es soweit. Ich sortierte meine Finanzen. 200 Dollar in dreckigen, nass gewordenen Scheinen von Matthias. 1000Yuan in bar. Und noch 300Dollar aus meiner eisernen Reserve. Alles gut über Gepäck und Körper verteilt. Dann betrat ich den Innenhof des Polizeigebäudes. Mehrere Polizisten staunten nicht schlecht und zeigten mir wie selbstverständlich den Weg zu einem Gebäude mit der Aufschrift ãForeign AffairsÒ. Ich versuchte mein nettestes Grinsen von Welt aufzusetzen, betrat den Raum und grüßte mit einem oberfreundlichen Ni Hao. Da war ich. Und was danach kam waren die schlimmsten drei Stunden der gesamten Tour. Zunächst bemerkte mich keiner so richtig. Dann blickte ein Fettsack in Uniform auf, sprang auf mich zu und schrie ãPassportÒ. Aus, Vorbei, hier kommste nie wieder raus aus der Nummer. Ich begann gleich in englisch loszustammeln, dass ich komme um mein Visum zu verlängern. ãHa, you want visum - Permit!Ò. ãOh, Sorry. I donÕt have any permits.Ò Der Typ war ziemlich sprachlos. Ging und holte Verstärkung. Einen Beamten ohne Uniform. Machte einen etwas freundlicheren Eindruck. Beide redeten nun in überraschend flüssigem Englisch auf mich ein. Was ich hier mache, wo ich her komme, ob ich nicht wüsste, dass die gesamte Region für Touristen gesperrt sei. Ich begann mit meiner Story. Ich sei den nördlichen Sichuan-Tibet-Highway mit einer Gruppe im Sleeperbus gefahren und hätte unterwegs Magenprobleme und Durchfall gekriegt. Deshalb hat die Tour aus Lhasa auch etwas länger gedauert. Weil ich unterbrechen musste um dann immer wieder mit LKWs weiter zu fahren, nicht ohne ständige Zwangsstops durch meine Durchfallerkrankung. Ich hatte gehofft sie damit zu beeindrucken. Doch schon während ich die unglaubliche Geschichte zum Besten gab, merkte ich, wie albern das ganze war. Noch dazu mit meinem kleinen Rucksack unterm Arm. Oje. Jetzt nahmen sie mich auseinander. Der eine holte eine große Chinakarte, der andere wollte genau wissen wann und mit welchem Bus ich in Lhasa abgefahren bin. Ich konnt mich natürlich nicht mehr dran erinnern. Auch an den genauen Streckenverlauf nicht - wie auch. Ich war nie dort und konnt nicht mal die Orte meiner Durchfallaufenthalte aussprechen. Die Karte war Chinesisch. Aber auf keinen Falll wollte ich die wahre Route Preis geben und so vielleicht noch Matthias in Gefahr bringen. Nur hatten sie mich jetzt am Arsch. Ich saß eingeschüchtert auf einer kleinen Couch und vor mir die zwei PSB-Typen die in Englisch und Chinesisch alle Vorschriften und Errungenschaften des Chinesischen Weltreichs herunterbeteten. Sie schrieen, fluchten, schimpften und hielten mir genüsslich jedes einzelne Permit unter die Nase, das man hier zum einfachen Sein benötigte. Ich änderte meine Taktik und begann die reuige Nummer. ãSorry. Es tut mir Leid. Ich respektiere China. Ich liebe China. Ich habs nicht gewusst. Ich bin noch dazu freiwillig hier. Ich komm zu euch, versteht ihr. Ich will hier keine Probleme machen. Ich. Hmmpf. Ich will nur nach Hause.Ò Ich zeigte ihnen mein Vietnam Visum, das nur noch bis Ende November gültig war. ãIch will doch nur nach hauseÒ Ich war echt den Tränen nahe. Und mit ein wenig Nachhilfe kullerten dann ein zwei Krokodilstränen die Backe runter. ãHelp me. Please!!Ò Hmmpfff. Ich muss ein jämmerliches Bild abgegeben haben. Doch das Gefühl der Willkür dieser Typen ausgesetzt zu werden machte mich fertig und errinerte an so manche Situation in der DDR.
Aber die Aktion zeigte Wirkung. Endlich lenkte der nettere der beiden ein und sagte "OK. We will help you" In mir keimte Hoffnung. Ich hatte schon nicht mehr daran gedacht. Der Uniformierte fügte hinzu "100 Dollar penalty" Ich hatte mit viel mehr gerechnet, dennoch versuchte ich den Preis noch zu drücken. ãIÕm a poor studentÒ Ja dann hättest du zu hause bleiben sollen, kam die trockene Antwort. OK. Da kann man nix gegen sagen. Ich blätterte also die 100$ hin, in der Hoffnung nun bald hier raus zu sein. Die beiden steckten das Geld ein und verschwanden mit meinem Pass. Dann kam der kleine wieder und erklärte, er würde mir helfen. Morgen bekäme ich ein Visum für 5 Tage. Länger würde ich mit dem Bus nach Chengdu nicht brauchen. Dort würde ich ein neues Visum bekommen. Ich willigte ein und wollte meinen Pass nehmen in der Hoffnung, das Visum wär schon drin. Nix da. Der Pass bleibt bei der Polizei, morgen am Bus würde ich den Pass dann wieder bekommen. Schit. Ich fing an böse zu werden. Bin ein freier Mensch. Brauche meinen Pass. Ohne Pass setz ich keeinen Fuss vor die Tür. Ohne Pass könnte mir alles passieren. Sie grinsten nur müde. Ich nahm mir vor, nicht ohne meinen Pass das Polizeigebäude zu verlassen. Ich fragte sie, wie sie sich wohl fühlen würden, wenn man ihnen in Deutschland den Pass weg nehmen würden. Irgendwie haben sie das eingesehen. Der kleine gab mir den Pass, natürlich ohne Visum. Schärfte mir aber ein, ich müsse Punkt 10 wieder auf der Polizeistation sein. Dann würde man mich zum Bus bringen.
Jetzt wollte ich nur noch raus. Doch so einfach war das nicht. Ich verabschiedete mich dankend bei den beiden, doch liessen sie mich nicht so einfach gehen. Hotels dürfen hier keine Touristen aufnehmen, also brachten sie mich persönlich zum nächsten Hotel. Mit Blick aufs Polizeigebäude. "Stay in the Hotel" hiess es noch zum Abschied. Als ich aus dem Fenster sah, bemerkkte ich zwei Männer mit dunklen Lederjacken, die nicht vom Hoteleingang wichen. Ich weiss nicht ob sie wegen mir dort waren, oder meine Paranoia langsam Oberhand bekam.

Auf der Flucht - Mit dem Taxi aus Chamdo
Ich war auf jeden Fall fertig. Allerdings war es gleich 6. Ich musste also eine Möglichkeit finden Matthias zu erreichen. Ich liess das Licht im Zimmer an, stellte den Fernseher auf laut und schlich mich aus dem Zimmer. Zum Glück grenzten an den Hotelkomplex mehrere Garküchen.Über eine konnte ich unbemerkt auf die Strasse entwischen. Schnell vorbei an der Polizei und zu nächsten Telefonzelle. Nach mehreren Versuchen und Chinesischen Gesprächspartnern erreichte ich meinen Kompagnon. Wie gut war es sein Stimmchen zu hören und ihn um Rat zu fragen. Am liebsten wäre ich auf der Stelle abgehauen. Doch Matthias bestärkte mich darin, weiter zu pokern. Immerhin hatte ich schon 100$ investiert. Ich besorgte mir ein paar Instantnudeln, die ich mir im Hotel mit heissen Wasser aufgoss und versuchte mich zu beruhigen. Nicht so einfach. Zum Glück hatte ich Fernsehen. Unglaublich, dass es so eine Volksverdummung noch gibt. Gerade an den Medien erkennt man wie krank ein System eigentlich sein muss, wo sich die Leute so systematisch verarschen lassen. Sowas hatte ich vor Jahren schon mal gesehen... Nur kam die aktuelle Kamera nun im schicken Look und mit einem Encor a la Mr. Klöppel daher. Im besten cnn-Stil wurde moderiert.
Top-News waren immer die Errungenschaften der kommunistischen Partei, Ziele des Xten Parteitages, Delegiertenkonferenzen und die Geschichte der Partei. Und zwischendurch Coca Cola und Kornflakes-Spots. Unglaublich. Das geht nicht. Das kann nicht funktionieren. Da bin ich mir sicher. Gegen 10 verliess ich das Hotel erneut um eine Mail in die Heimat abzusetzen. Nach langem Suchen fand ich eine Internetbude in einem Hinterhaus. 30 Kids spielten Comand and Conquer. Krass. Auf der Titelgrafik der chinesischen Version fliegen chinesische Zeppeline über das brennende New York..Sehr hübsch. Nach einer viertel Stunde verschwand ich wieder in die Dunkelheit und huschte zurück ins Hotel.
An schlafen war jedoch nicht zu denken. Ich ging auf und ab und spielte die Situation in meinem Kopf wieder und wieder durch. Ich überlegte, dass es wohl das beste sei den Bus in sicherer Entfernung zu stoppen und abzuhauen. Hoffte dass das irgendwie klappen könnte. Die Nacht verpasste ich mir eine Rundum Gehirnwäsche roter Medienvielfalt.
Das dauerte, und der Morgen kam langsam. Ich bereitete mich auf alles vor. Checkte mein Geld und verteilte es erneut an allen möglichen Stellen. Von meinem Pass hätte ich am liebsten eine 1:1 Replik gemacht. Ich schwor mir jedoch, nie wieder mit nur einem Pass zu vereisen.
Noch eineinhalb Stunden warten. Plötzlich hämmerte es an der Tür. Als ob ich's geahnt hätte. Ich wurde abgeholt. Zum Glück von dem kleineren ohne Uniform. Er stürzte ohne Fragen herein, setzte sich aufs Bett und machte gar kein glückliches Gesicht. "Der Plan hat sich geändert" Der Bus war wohl irgendwie stecken geblieben und kam nicht vor übermorgen hier an. Zudem hat man noch zwei Touristen aufgegriffen. Man würde uns zum Flughafen bringen. Von dort ginge es dann morgen früh schnurstracks nach Chengdu. Shit. Ein Flugzeug anhalten und aussteigen gestaltete sich weitaus schwieriger als einen Bus. Und einmal in Chengdu, tausende KM von meinem Rad entfernt, konnte ich die Tour wohl vergessen. Ich sackte also innerlich zusammen. Wir gingen wieder aufs Revier. Da sassen zwei Franzosen. Den Tränen nahe. "We have no food", "We have no money" Sie taten mir leid. Wie sollten sie die 100$ für das Flugticket ausgeben. Nach einer Stunde ungeduldigen Rumsitzen hatte man sich auf 20$ Strafe geeinigt. Mich nervte das ganze und ich war drauf und dran den Jungss Geld zu geben. Dann wurde mein Pass eingezogen. Ich berappte noch mal 50$ für das neue Visum. Mein Pass bekam ich aber noch nicht zurück. Lieber Gott... Ich will meinen Pass, und dann ab durch die Mitte. Zu fünft gings im Polizeiwagen zum zentralen Reisebüro. Es wurden uns Ticketss gekauft. Wieder 100$ weg. In einer ruhigen Sekunde sagte mir einer der Franzosen mit einem Augenzwinkern, ich soll mich nicht so fertig machen. Wird schon alles gut. Mein Geld bräuchten sie auch nicht. Haha. Die zogen eine beeindruckende Nummer durch. Respekt. Wie sich später herausstellte waren sie nicht das erste mal im PSB. Seit 10 Jahren bereisen Sie zusammen Tibet. In diesem Jahr waren Sie von Südchina über Indien nach Südtibet gelangt und hatten mich schon auf dem Fahrrad unterwegs gesehen. Sie begriffen allerdings nicht ganz, warum ich hier extra hoch gekommen war. Sie wollten ja schliesslich nach Chengdu fliegen und sind nur verhaftet worden, als sie das Flugticket kaufen wollten.
Mit dem Ticket gings zurück in Richtung Hotel. Unterwegs stoppten wir kurz an einer Bushaltestelle. In zwei Stunden sollte dort der Flughafenbus abgehen. Wir sehen uns dann dort, sagte der Polizist. Scheisse, der hatte noch immer meinen Pass. Jetzt wurde es knifflig. Vorm Hotel gab ich ihm zu verstehen, das ich meinen Pass bräuchte um mich im Hotel einzutragen. Er guckte mich eine Sekunde an, gab mir dann aber den Pass. Jetzt gingen wir auf die Zimmer. Zum Glück wohnten die Franzosen auf der gleichen Etage. Ich ging kurz zu ihnen und fragte sie ob sie mit dem Taxi mitkommen. Ich würd jetzt abhauen. Würde das Taxi auch allein bezahlen. Ich musste weg. Sie nickten, meinten aber, ich sollte ruhig machen. Draussen auf dem Gang wieder irgendwelche rumlungernden Typen. Dann eine Chnesin auf meinem Zimmer. Was war denn hier los. Ich glaubte langsam durchzudrehen. Es war nur die Putzfrau ddie wasser auffüllen wollte. Ich packte fix meine Sachen und wartete ungeduldig auf das Klopfen der beiden Franzosen. Gemeinsam schlichen wir durch den Kücheneingang nach draussen, versuchten in der Masse der Leute nicht so dolle aufzufallen und gingen in Richtung Busbahnhof. Noch über einen Markt. Langsam wich meine Anspannung und ich hatte endlich mal Gelegenheit die Menschen zu bewundern. Hier in Chamdo waren viele unterschiedliche Stämme unterwegs. Einer mit schönerer Tracht als der andere- Vor allem die Kopfbedeckungen waren beeindruckend. In sicherer Entfernung von der Polizeistation versicherten wir uns, dass kein chinesischer Bulle in der Nähe war. Hier auf dem Tibetischen Markt fühlten wir uns sicher. Wir sprangen in ein Taxi und ...atmeten auf. Puhh. Das müsste es gewesen sein. Dennoch drehte ich mich des öfteren nervös um. Spätestens un 2 dachtee ich, werden sie merkeen, dass wir nicht in den Flughafenbus einsteigen. Fuck you. Euch hammwers so richtig gegeben. Allerdings gibt's nur drei Strassen. Wie wahrscheinlich ist die Tatsache, dass die Typen uns hinterherfahren? Nur nicht dran denken. In der Nähe des Flughafens war Endstation für die beiden Franzosen. Sie gingen noch ein wenig wandern und am nächsten Tag würden sie brav in die Maschine steigen. Für mich gings noch 140km weiter Richtung Süden, Richtung Fahrrad, Richtug Matthias. Ich konnt es kaum erwarten ihn in die Arme zu schliessen. Doch noch war ich nicht da. Plötzlich eine Vollsperrung. Vor uns stand die einzige Teermaschine in ganz China. So etwas hab ich hier noch nie gesehen. Der Fahrer stellte den Motot ab. Und lehnte sich zurück. Angeblich sollten wir bis 9 Uhr hier warten, als 7 Stunden. Ne. Das geht nicht. Ich redete auf den Fahrer ein. Er solle versuchen an der Maschine vorbeizu kommen. Leider hatte er einen neuerlichen Westwagen der Marke Citroen und wollte keine Kratzer riskieren. Nach einer halben Stunde diskutieren und einer Schachtel Zigaretten, die ich für solche Fälle immer dabei hatte fasste er sich ein Herz und ballerte mit dem schicken Wagen die Böschung hinunter um unten kräftig aufzusetzen. Die in Waagenfarbe lackierte Stosstange verkeilte sich kurzzeitig zwischen großen Steinen , aber mit viel Schmackes ging es ächzend am Ende der Baustelle wieder rauf. Na also. Ging doch. Allerdings hatte der arme Taxifahrer nun Probleme den Wagen mit dem zittrige Lenkrad in der Spur zu halten. Das war doch alles vorher schon oder? Er redete nicht mehr mit mir und hatte fortan einen hochroten Kopf.
Mir wars egal. Ich gab ihm allerdings ein wenig Trinkgeld. Und stürmte in unser Hotel. Matthias sass etwas zerknirscht (er hatte die ganze Nacht kein Auge zu gemacht, wohl vor Sorge, oder dem herannahenden Tief ;-)) auf seinem Bett und auch er konnte einen Freudenschrei nicht unterdrücken. Wir fielen uns herzlich in die Arme. Jetzt wollte ich nur noch weg. Weg weg weg. Aufs Rad, ins Zelt. Weg. Wir kauften noch ein zwei Sachen ein und machten uns aus dem Staub.
20 km weiter Zelt, Feuer, Freude Freude Freude.



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